Freitag, 22. November 2024

22.11.2024 - André Gide & Literaturnobelpreis 1947 & "Stirb und werde" etc.

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Das Leben im Daseinskreislauf ist leidvoll: Geburt ist Leiden, Altern ist Leiden, Krankheit ist Leiden, Tod ist Leiden; Kummer, Lamentieren, Schmerz und Verzweiflung sind Leiden." (Buddha) 
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André Paul Guillaume Gide war ein französischer Schriftsteller. 1947 erhielt er den Literaturnobelpreis. Wikipedia

Mit knapp elf Jahren verlor Gide seinen Vater. Zwar trat dadurch keine materielle Notlage ein, doch war er nun ganz der puritanischen Erziehung seiner Mutter unterworfen. In seiner Autobiographie wird Gide die eigene Kindheit und Jugend, speziell das Wirken der strengen, freud- und lieblosen Mutter in dunklen Farben malen und für seine Probleme als Heranwachsender verantwortlich machen: „In dem unschuldigen Alter, in dem man in der Seele gerne nichts als Lauterkeit, Zartheit und Reinheit sieht, entdecke ich in mir nur Finsternis, Häßlichkeit und Heimtücke.“[1] Gide hatte seit 1874 Unterricht bei Privatlehrern, besuchte phasenweise auch reguläre Schulen, immer wieder unterbrochen durch Nervenleiden, die ärztliche Behandlung und Kuraufenthalte erforderlich machten.

Diese Jugendliebe überdauerte die folgenden Jahre und 1891 machte Gide Madeleine erstmals einen Heiratsantrag, den diese aber ablehnte. Erst nach dem Tod Juliette Gides im Mai 1895 verlobte sich das Paar und heiratete noch im Oktober 1895, dies zu einem Zeitpunkt, da Gide sich seiner Homosexualität bereits bewusst geworden war. Die Spannung, die sich daraus ergab, wird Gides literarisches Werk – zumindest bis 1914 – mitprägen und seine Ehe schwer belasten. Aufgrund des Verhältnisses, das er ab 1917 mit Marc Allégret einging, verbrannte Madeleine 1918 sämtliche Briefe, die er ihr geschrieben hatte.[3] Zwar blieb das Paar verheiratet, doch lebten beide nun meist getrennt. Nach Madeleines Tod im Jahr 1938 reflektierte Gide ihre Beziehung – „die verborgene Tragödie“ seines Lebens[4] – in der Schrift Et nunc manet in te. Der befreundete Schriftsteller Jean Schlumberger widmete dieser Ehe das Buch Madeleine und André Gide[5], in dem Madeleine eine günstigere Darstellung fand als in Gides autobiographischen Schriften.

Im Sommer 1890 begab er sich alleine nach Menthon-Saint-Bernard am Lac d’Annecy, um sein erstes Buch zu schreiben: Les Cahiers d’André Walter („Die Tagebücher des André Walter“), die er auf eigene Kosten drucken ließ (wie alle Werke bis 1909!) und die 1891 erschienen.[6] Gides autobiographisch geprägter Erstling hat die Form eines posthum aufgefundenen Tagebuchs des jungen André Walter, der sich, nachdem er seine Hoffnung auf die geliebte Emmanuèle hat aufgeben müssen, in die Einsamkeit zurückgezogen hat, um den Roman Allain zu schreiben; das Tagebuch dokumentiert seinen Weg in den Wahnsinn.[7] 

Gide war im November 1892 wegen einer leichten Tuberkulose vom Militärdienst befreit worden; während der Reise nach Sousse brach die Krankheit aus. Die Monate in Biskra dienten der Regeneration und waren mit ersten heterosexuellen Kontakten zu jungen Prostituierten verbunden.

In der Dreyfus-Affäre jedoch, die Frankreichs Öffentlichkeit seit 1897/98 spaltete, positionierte er sich klar auf Seiten Emile Zolas und unterzeichnete im Januar 1898 die Petition der Intellektuellen zugunsten eines Revisionsverfahrens für Alfred Dreyfus.[25]

Gide sollte sich zeitlebens, insbesondere nach 1918, für die französisch-deutschen Beziehungen einsetzen. An geistigen Einflüssen sind Goethe und Nietzsche hervorzuheben; mit Letzterem setzte sich Gide seit 1898 intensiv auseinander.

Maria (genannt La Petite Dame) wurde zu einer engen Vertrauten Gides. Seit 1918 erstellte sie ohne sein Wissen Aufzeichnungen über Begegnungen und Gespräche mit ihm, die zwischen 1973 und 1977 unter dem Titel Les Cahiers de la Petite Dame[45] publiziert wurden. Mit der Tochter der Rysselberghes, Elisabeth, zeugte Gide 1922 eine Tochter: Catherine Gide (1923–2013)[46], die er vor Madeleine verheimlichte und erst nach deren Tod 1938 offiziell als Tochter anerkannte. Nach dem Verkauf der Villa in Auteuil lebte Gide seit 1926 meist in Paris in einem Haus in der rue Vaneau mit Maria, Elisabeth und Catherine, während sich Madeleine ganz nach Cuverville zurückzog.

Die Kehrseite dieses Glücks war die schwere Krise in der Beziehung zu Madeleine. Diese hatte 1916 durch Zufall vom Doppelleben ihres Mannes erfahren und war durch dessen monatelangen Aufenthalt in England zusammen mit Marc so tief verletzt, dass sie alle Briefe, die ihr Gide über 30 Jahre hinweg geschrieben hatte, noch einmal las und dann verbrannte. Als Gide im November 1918 davon erfuhr, war er zutiefst verzweifelt: „Damit verschwindet mein Bestes (…).“[49]

Gide führte 1922 bei der Psychoanalytikerin Eugénie Sokolnicka für kurze Zeit eine Psychoanalyse durch. Sie stand den Literaten um die Zeitschrift „Nouvelle Revue Française“ sehr nahe. Gide porträtierte Eugénie Sokolnicka literarisch als „Doctoresse Sophroniska“ in dem besagten Roman „Die Falschmünzer“.[53]
Mit Corydon und Stirb und werde outete sich Gide als Homosexueller in der breiten Öffentlichkeit. Für ihn war dies ein Befreiungsschlag, da er sein Privatleben und sein öffentliches Bild zunehmend als falsch und heuchlerisch empfand. Im Entwurf eines Vorworts zu Stirb und werde benannte er seine Motivation: „Ich meine, es ist besser, für das, was man ist, gehaßt, als für das, was man nicht ist, geliebt zu werden. Unter der Lüge, so glaube ich, habe ich am meisten in meinem Leben gelitten.“[54]

Ab 1932, im Rahmen der wachsenden politischen Polarisierung zwischen links und rechts in Frankreich und ganz Europa, engagierte Gide sich zunehmend auf Seiten der französischen kommunistischen Partei (PCF) und antifaschistischer Organisationen. So reiste er z. B. 1934 nach Berlin, um dort die Freilassung kommunistischer Regimegegner zu verlangen.

Gides Enttäuschung beim Blick hinter die Kulissen der kommunistischen Diktatur war jedoch groß. Seine Eindrücke von dieser Reise, die ihn auch nach Georgien führte, schilderte er in dem kritischen Bericht Retour de l’U.R.S.S. („Zurück aus der Sowjetunion“), in dem er sich indes bemühte, Emotionen und Polemik zu vermeiden. Er beschrieb das Sowjetregime als „Diktatur eines Mannes“, die die Ursprungsideen von der „Befreiung des Proletariats“ pervertiert habe.

Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 zog er sich zu Freunden nach Südfrankreich zurück und ging 1942 nach Nordafrika, nachdem er sich von einem passiven Sympathisanten des Regierungschefs des Kollaborationsregimes von Marschall Philippe Pétain zu einem aktiven Helfer der Londoner Exilregierung unter Charles de Gaulle entwickelt hatte.

Eine indirekte Anerkennung seiner Bedeutung war, dass 1952 sein Gesamtwerk auf den Index Romanus der katholischen Kirche gesetzt wurde.

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